Simplify your Fundraising

Wie kann oder muss Effektivität im Fundraising zukünftig ausgerichtet sein?

Was zeichnet zeitgemässes Fundraising aus? Es spricht Menschen gemäss ihren besonderen Vorlieben und Merkmalen an und ist auf deren jeweilige Situation und ihr Verhalten zugeschnitten. Personenspezifischer und situativer zu kommunizieren verursacht einen grösseren Aufwand, denn die Versionen der Kommunikationsmittel nehmen exponentiell zu.

Wie können NGOs mit ihren ohnehin knappen Ressourcen diese Herausforderung packen? Zielpersonen sollen persönlicher, fallgerechter über die richtigen Touchpoints angesprochen werden. Das macht die Interaktion mit ihnen immer komplexer. Bei einer grossen Schweizer NGO hat es über Jahrzehnte genügt, über vier bis fünf Standardbriefe mit ihren Zielpersonen zu interagieren. Das reicht heute nicht mehr aus. In einem Prozess-Relaunch erweiterte die NGO darum ihre Kommunikation auf über 200 Briefe, die sie individuell, je nach Fall, Person oder Sprache, formuliert. Dafür war klar, dass die Zuweisung und Aufbereitung der nötigen Schritte zu den jeweiligen Geschäftsfällen weitgehend über das CRM (Customer-Relationship-Management) erfolgen muss.

Fundraising als komplexe Planungsübung

Im Austausch mit kommerziellen (Online-)Anbietern sind Kunden gewohnt, jeweils sofort eine passende Reaktion auf Zahlungen, Anmeldungen oder Anfragen zu erhalten – und das auf allen digitalen und analogen Kanälen. Auch branchenintern wird uns immer mehr bewusst, dass wir auf Personas bezogen und journeybasiert unsere Kommunikation noch stärker auf bestimmte Zielpersonen ausrichten müssen. Damit wird Fundraising zu einer komplexen Planungsübung von Touchpoints und fallabhängigen Folgeschritten; natürlich immer mit perfekt zugeschnittenem Content. Selbstverständlich soll die Kommunikation auch permanent an neueste Erkenntnisse aus Meinungsumfragen und Wirkungsmessung angepasst und neu variiert werden.

Herausforderungen kanalübergreifender Kommunikation

Die Haltung zu diesen Spannungsfeldern ist in den NPOs und teils sogar innerhalb der jeweiligen Abteilungen unterschiedlich ausgeprägt. Digital-Abteilungen sind meistens sehr affin für neue Kommunikationsprozesse und -mittel. Im analogen Bereich bewegt man sich lieber im Altbewährten. Teilweise fehlen aber auch noch die technischen Mittel für eine kanalübergreifende Kommunikation. Generell stellen sich im Fundraising mindestens fünf Herausforderungen:

  1. Die technischen Hilfsmittel werden immer komplexer und ändern sich ständig. Längst genügt es nicht mehr, Briefe per Post oder Newsletter zu versenden. Es braucht E-Marketing-Tools, flexiblere CRM-Lösungen und neue Technologien, die digitale und analoge Welten verbinden.
  2. Eine differenzierte Ansprache der Zielpersonen führ zu einem exponentiellen Anstieg der Varianten und des dafür notwendigen Contents. Eine spezifische Kommunikation setzt ausgeprägtes Wissen zu Personen und ihrem Verhalten voraus. Mehr Merkmale bedeuten mehr Informationen. Diese müssen gleichzeitig auf allen Ebenen Aspekte des Datenschutzes berücksichtigen.
  3. Der Varianten-Reichtum in der Interaktion mit Zielpersonen kann nicht mehr manuell sichergestellt werden. Prozesse müssen automatisiert werden, und es braucht neben passenden Tools auch geeignete Konzepte im Sinn von differenzierten „Schaltplänen“ für vielfältige und individuelle Anforderungen.
  4. Die Individualisierung einer Kundenansprache ist aufwendig. Der wesentlichste Kostentreiber ist dabei nicht unbedingt die Technologie, sondern die nötigen personellen Ressourcen, um Varianten und Content aufzubereiten.

Die Einzelperson im Fokus

Bei den genannten Herausforderungen haben wir allerdings noch nicht alle Problemstellungen berücksichtigt. Gerade im NGO-Bereich interagieren wir noch oft mit Post-Adressen und damit mit Haushalten. Solange Mailings vor allem postalisch verschickt werden, spielte das keine Rolle. Im digitalen Bereich hingegen (z.B. E-Mail-Versand) ist die E-Mail-Adresse der „Unique Identifier“. Dieser funktioniert eigentlich nur noch bei Einzelpersonen. Damit wächst der Druck, unsere Datenverwaltungskonzepte aus der Haushalts-Orientierung in die Einzelpersonen-Orientierung zu transformieren. Das geht nicht über Nacht.

Vereinfachung ist ein Muss

Die sich zuspitzende Sachlage führt zu einer klaren Schlussfolgerung: Wenn wir bestehende Produkte, Prozesse und Strukturen nicht vereinfachen, werden uns die Anforderungen zeitgemässer Kommunikation überfordern und ins Chaos führen. „Simplify your Fundraising!“ muss eine zentrale Devise sein, wenn wir in der Zukunft wirkungsvoll handlungsfähig bleiben wollen. Dafür braucht es eine neue Effektivität, also die gesunde Balance zwischen Wirkung und Aufwand. Eine zweckmässige Fokussierung kann beispielsweise in folgenden Bereichen stattfinden:

  • Reduktion der angebotenen Produkte
  • Vereinfachung des Personenmanagements (Verwaltung von Einzelpersonen)
  • Ausrichtung der Merkmale zu Personen und anderen Datenobjekten am effektiven Nutzen
  • Reduktion auf wichtige Fundraising- und Kommunikationslinien, die aber konsequenter gelebt werden
  • Ausbalancierung sämtlicher Massnahmen zwischen Kundennutzen und Response

Auch mit Fokussierung und einer Steigerung der Effektivität werden Prozesse und Arbeitsmittel teurer werden. Damit die personellen und finanziellen Ressourcen zielführend eingesetzt werden, ist deshalb eine langfristig angelegte Planung der Massnahmen matchentscheidend.

Dieser Artikel ist in leicht abgeänderter Form im Fundraiser-Magazin, Ausgabe 02/2021 erschienen und wird hier mit freundlicher Genehmigung des Magazins veröffentlicht.