Launch
Dezember 2022

Relaunch-Projekt 
Relaunch der Mitgliederverwaltung, Funktionärsverwaltung und Event-Verwaltung

Projektdauer
4 Jahre

«In der heutigen Welt ist es die grosse Herausforderung, agil zu sein»

Die Schweizer Paraplegiker-Vereinigung (SPV) ist die nationale Selbsthilfeorganisation der Querschnittgelähmten mit rund 11’000 Mitglieder. Sie unterstützt Para- und Tetraplegiker:innen ein Leben lang. Im Dezember 2022 haben wir, zusammen mit der Creativ Software, ein mehrjähriges Relaunch-Projekt abgeschlossen. Mit Laurent Prince, Direktor der SPV, sprechen wir im ersten Teil des Interviews über das gemeinsame Erklimmen von Bergen, gegenseitiges Vertrauen und die Wichtigkeit der Agilität.

Laurent Prince, was bleibt dir von diesem Projekt in Erinnerung und wovon warst du positiv überrascht?

In einem solchen Projekt muss man häufig Probleme priorisieren und lösen. Dabei half es, dass alle involvierten Player das grosse Ganze im Kopf hatten und gewillt waren, auch in zunächst ausweglosen Situationen, die passende Lösung zu finden. Am Ende haben wir es immer geschafft, den Berg gemeinsam zu erklimmen. Dazu waren die fachliche Kompetenz und der Wille, gemeinsam Spannungsphasen zu durchstehen und im Team Lösungen zu finden, sehr wichtig.

«Am Ende haben wir es immer geschafft, den Berg gemeinsam zu erklimmen.»

Warum glaubst du, dass das gemeinsame Finden von Lösungen so gut in dem Projekt funktionierte?

Das gegenseitige Vertrauen war von grosser Bedeutung. Dass Amender und Creativ Software ein gut eingespieltes Team waren, hat ebenfalls enorm geholfen, um gemeinsam Lösungen zu finden. Trotz vielen Veränderungen im Führungsteam der SPV blieb das Projektteam konstant, was definitiv ein Erfolgsfaktor war. Amender war essentiell, um die verschiedenen Player jeweils wieder auf einen Nenner zu bringen.

Natürlich gab es auch intern treibende Kräfte wie zum Beispiel der neue IT-Verantwortliche, der gewisse Koordinationsaufgaben übernommen hat. Die involvierten User der SPV haben sich in ein Feld begeben, das nicht ihr Kerngeschäft ist, was sehr herausfordernd war. Sich on-the-job in die Requirements hineinzudenken, diese zu hinterfragen und sich dann vorzustellen, wie diese morgen aussehen, war und ist nicht einfach.

Das ist ein guter Punkt. Das Projekt wurde als klassisches Wasserfall-Projekt definiert, d.h. man definiert am Anfang alles und setzt es dann um. Gegen Ende des Projekts wurden wir in gewissen Bereichen agiler. Gibt es Erkenntnisse, die du daraus ziehst?

Als Direktor habe ich die Wunschvorstellung, dass man zuerst die Ist-Situation analysiert, danach definiert, wie es morgen sein soll und dann zum Software-Dienstleister geht und ihnen sagt, sie sollen das programmieren. Das würde natürlich auch weniger Kosten verursachen: man nimmt die Anforderungen einmal auf, baut die Software und kann dann 3 Jahre arbeiten, bis man die perfekte Lösung geliefert bekommt. [lacht]

In der heutigen Welt ist es die grosse Herausforderung, agil zu sein und ein Produkt oder eine Dienstleistung laufend weiterzuentwickeln. Kleinere und mittlere Organisationen sehen sich oft zusätzlich damit gefordert, den Spagat zwischen den technischen Möglichkeiten und den finanziellen Ressourcen zu machen.

«In der heutigen Welt ist es die grosse Herausforderung, agil zu sein und ein Produkt oder eine Dienstleistung laufend weiterzuentwickeln.»

Agilität und Wasserfall sind immer wieder grosse Themen. Wir haben dazu auch bereits einen Blogbeitrag geschrieben: das Agile-NPO-Paradoxon. Als Kunde möchte man gerne bereits am Anfang alles festlegen, die Dienstleister arbeiten immer öfters nach Aufwand. Dies ist besonders für kleine Organisationen schwierig. Wie siehst du diese Problematik?

Diese Thematik sieht man auch bei der SPV. Zukünftig wird die Finanzierung für ein solches mehrjähriges Millionen-Projekt in einer Organisation unserer Grösse schwieriger werden. Andererseits ist es bei agiler Entwicklung umständlicher, den Fortschritt sichtbar zu machen, da er oft in kleineren Schritten geschieht. Zudem hat der Vorstand die Erwartung, dass nach den hohen Ausgaben in den letzten Jahren keine zusätzlichen Budgets für Softwareprojekte bewilligt werden müssen.

Das ist eine gute Überleitung zur nächsten Frage: Nach dem Software-Projekt ist vor dem Software-Projekt, wie geht ihr damit um?

Ich denke, dass wir uns in einer agileren Welt bewegen werden, aber nicht jeden Schritt mitmachen können oder wollen – immer mit einem pragmatischen Blick auf die Kosten und den Nutzen für uns. Insofern passt mir ein agiles Vorgehen.

Das Argument für Agilität ist, dass man Dinge kontinuierlich veröffentlicht und Kundenfeedback einholt und somit gezielter entwickeln kann, was Kosten spart. Bei Wasserfallprojekten besteht die Gefahr, Funktionen zu entwickeln, die niemand benötigt. Was ist deine Meinung dazu?

Wasserfallprojekte erfassen zu Beginn des Projektes immer viele Informationen, was sehr zeitintensiv ist. Oft erfasst man auch Wünsche, die später gar nicht mehr relevant sind oder technisch anders, beziehungsweise einfacher gelöst werden können.  Aus diesem Grund glaube ich, dass solche grossen Wasserfallprojekte nicht mehr in diesem Rahmen stattfinden werden.

Im zweiten Teil des Interviews werden wir über digitale Kompetenz, Priorisierung und die eigene Befähigung sprechen.